Südafrika ohne Madiba
Das Jahr 1990 war aufgrund zweier Ereignissen das bemerkenswerteste Afrikas, das ich bis dahin erleben durfte. Es markierte das Ende der Unterdrückung zweier Völker des Schwarzen Kontinents. Zum einen die Unabhängigkeit Namibias und zum anderen die Befreiung Nelson Mandelas.
Die repressiven Maßnahmen, mit denen die „Weißen“ in Südafrika bestrebt waren die Schwarzen in ihren Schranken zu weisen, raubten mir öfters den Schlaf. Ich konnte mir als Kind nicht erklären,warum so viel Hass und soviel Ungerechtigkeit möglich waren und vor allem wieso die anderen Staaten nichts dagegen unternahmen. Um so großer war meine Freude als ich im Jahr 1990 die Bilder im Fernseher sehen dürfte, wie sich Nelson Mandela mit seiner damals noch Ehefrau, Weggefährtin und Leidensgenossin Winnie mit gehobener Faust als freier Mann präsentieren durfte. Diese Befreiung war nicht nur diejenige Nelson Mandelas persönlich, sondern diejenige Südafrikas als Ganzes. Denn Nelson Mandela liebte sein Volk und sein Land so sehr, dass er seine Freilassung nicht eingewilligt hätte, wenn diese nicht zugleich die Befreiung Südafrikas und damit seines Volkes bedeutet hätte. Damals als er freigelassen wurde, spekulierte man viel über seinen gesundheitlichen Zustand. Viele waren davon überzeugt, dass ihm nach den Strapazen der 27 Jahre Haft, die Freiheit nicht bekommen würde und reduzierten seine Lebenserwartung auf höchstens zehn Jahre.
Aber wie uns die Geschichte dieses großen Mannes lehrt, wurde jeder der „Madiba“ unterschätzte des besseren belehrt. Er lebte noch fast ein Vierteljahrhundert nach seiner Freilassung. Ein Vierteljahrhundert in welchem er vieles bewegt hatte. Er hatte den Südafrikanern das Verzeihen und die Versöhnung nicht nur gelehrt, sondern auch vorgelebt. Er hatte seinem Volk und seinem Land das wichtigste beschert: FREIHEIT. Das wichtigste, weil Freiheit die Voraussetzung nicht nur für die persönliche Entfaltung, sondern auch für diejenige eines Volkes als ganzes ist. Mandela hat mit der Freiheit seinem Volk die Voraussetzung für die Entfaltung geschaffen, die nicht in der Gewalt und Ressentiments, sondern im Verzeihen und Versöhnung seinen Ausdruck findet.
Obgleich den Südafrikanern einem langen Weg noch bevorsteht bis die Rassenvermischung eine Selbstverständlichkeit wird, nachdem die Rassentrennung durch die Apartheid über Generationen hinweg verankert wurde, so hat das Land in dieser Hinsicht bereits vieles erreicht. Dass mit der Erlangung der Freiheit nicht alles getan wurde, wusste „Madiba“ auch als er folgendes in seiner Autobiographie Long Walk to Freedom schrieb: „Ich habe diesen langen Weg in die Freiheit zurück gelegt, ich habe versucht nicht zu wanken; Ich habe viele Fehltritte gemacht. Aber ich habe dieses Geheimnis entdeckt: Nach dem Klettern eines großen Hügels, alles, was man herausfindet ist, dass es noch mehr Hügeln zum klettern gibt.“ Diese Hügeln sind die Herausforderungen womit Südafrika heute konfrontiert ist und die Nelson Mandela auch noch meistern wollte wie er schrieb: „Ich bin einen Moment stehengeblieben, um mich auszuruhen, um das herrliche Panorama zu bewundern, das mich umgibt ,um aus der Ferne den langen Weg zu betrachten, den ich zurückgelegt habe. Aber ich kann nur eine Weile ausruhen; Mit der Freiheit kommen auch Aufgaben; und ich wage nicht zu verweilen, denn mein langer Weg ist noch nicht beendet.“ Leider obliegt dem Menschen nicht die Entscheidung über die Dauer seiner Mission diesseits, so dass jeder irgendwann abdanken muss, so leider auch Nelson Mandela am 5. Dezember 2013 nachdem er Großes vollbracht hat, nachdem er den Südafrikanern die Freiheit und das Land zurück gab. Was die Südafrikanern daraus machen werden, bleibt ihnen überlassen. Fakt jedoch ist, dass dies Ihnen keiner mehr wegnehmen kann.