Rohstoffblase, Internetblase, Immobilienblase: Reaktionfähigkeit des Nationalstaates

Rohstoffblase, Internetblase, Immobilienblase: Reaktionfähigkeit des Nationalstaates

Aufgrund ihres Rohstoffs- und Ressourcenreichtums und der Attraktivität ihrer Cash-Crops auf dem Weltmarkt,  fusste die Wirtschaft der meisten Staaten Afrikas südlich der Sahara – in den 60er Jahren nach der Entkolonialisierung – überwiegend auf  Einnahmen aus Rohstoff- und Cash-Cropshandel mit dem Staat als wichtigster Arbeitsgeber und Investor.

Analog zu der Immobilienblase 2007, platzte die Rohstoffblase aufgrund der vorangegangenen Rohstoffpreisschocks der 80er Jahre. Die meisten Volkswirtschaften des Schwarzen Kontinents erlitten massive Einnahmenausfälle, die sie am Rande des Bankrotts  führten.

Ich errinnere mich daran, dass die ersten Sparmaßnahmen der Regierung darin bestand, das Gehalt der Beamten erst bis zu 70% zu kürzen. Da diese unmittelbare Sparmaßnahme  nur den Effekt eines Tropfen auf dem heißen Stein hatte, diente das komplette Einfrieren der Gehälter als nächster Schritt . Ich spürte dies als Kind, da die halbstaatliche SODECAO bei der mein Vater damals als Vortand arbeitete von Heute auf Morgen pleite ging und er unerwartet mit allen Konsequenzen in die Frührente versetzt wurde.

Plötzlich gab es nicht mehr genug  zu essen. Aus drei Mahlzeiten am Tag, wurde nur noch eine. Nicht einmal die Schulbeiträge, die ihm so wichtig waren und die pro Trimestre erhoben werden sollten, war er noch in der Lage zu entrichten. Dann folgten die Strom- und Wasserrechnungen, die sich stapelten und der Vermieter, der genauso betroffen war, lies auch wegen den Mietrückständen nicht mehr locker. Schließlich war das Leben in der Stadt nicht mehr finanzierbar, so zogen wir ins Dorf zurück, da wo man von dem lebt, was man selbst anbaut. Nicht nur wir waren von den Folgen dieser Krise so betroffen, sondern die Gesamtbevölkerung Kameruns.

Diese Wirtschaftskrise traf meine Familie besonders hart, da mein Vater alles auf Kakao gesetzt hatte. Er arbeitete nicht nur für eine Firma die Kakao Erzeugnisse verarbeitete, er investierte auch sein gesamtes Vermögen in den Anbau von einer 43 Hektars Kakaoplantage, die nicht nur als zweites Standbein für die Ernährung seiner Kinder, sondern auch als seine Altersvorsorge fungierte. Da Kakao auf dem Weltmarkt nicht mehr attraktiv war, sanken die Preise dementsprechend bis zu 70%. Die gesamten Ernten die danach folgten waren quasi wertlos. Ich erinnere mich daran, dass mein Vater sich am Anfang weigerte sein Kakao unter diesen Bedingungen zu verkaufen, er dachte die Situation wurde sich ganz schnell wieder verbessern. Es wurde jedoch schlimmer und er erlitt einen Herzinfarkt und starb.

Da die entstandene Wirtschaftskrise keinen Sektor ersparte, wurden selbst die eigenen Erspanisse eingefroren. Die meisten menschen in Kamerun hatten die Ursachen dieser Krise jedoch nicht verstanden. Sie brachten sie eher mit Demokratie, Missmanagement und Korruption in Verbindung. Da es unmittelbar davor einen Regierungswechsel gegeben hatte.

Die alte Diktatur unter der es Kamerun wirtschaftlich sehr gut ging und die neue „Demokratie“, die aufgrund der Überschneidung mit den Entwicklungen auf dem Weltmarkt,  Unheil erzeugte. Wir alle klagten deshalb, dass die Lebensbedingungen unter der Diktatur besser gewesen wären, da man durch Arbeit eine gewisse Lebensqualität hat erreichen können und trauerten ihr nach. Die Demokratie jedoch versprach die Freiheit aber mit ihr war das Unheil entstanden, dachten wird zumindest. Wie frei kann also ein Volk sein das hungert und das seine Kinder nicht einschulen und ihnen deshalb keine Zukunftsperspektive anbieten kann?

Diese Denkweise blieb bis ich hier in Deutschland mein Studium der Politikwissenschaft aufnahm bei mir verankert.

Als ich dann meine Diplomarbeit über Kamerun verfasste und ich die Möglichkeit dadurch bekam die wahren Hintergründe dieser Wirtschaftskrise auf dem Grund zu gehen, habe ich verstanden welches Unrecht wir unserem Staatsmann und der Demokratie durch unsere Ingnoranz teilweise getan haben.

Die damalige Wirtschaftskrise war weniger auf die Demokratie und auf Missmanagement sowie Korruption als viel mehr auf die Entwicklungen auf dem Weltmarkt zurückzuführen.

Die seit 2007 aus den USA ursprüngliche und inzwischen global gewordene Wirtschafts- und Finanzkrise und die ergriffenen Maßnahmen für die Milderung ihrer Folgen, insbesondere die aktuelle Maßnahmen um den Staatsbankrott in Griechenland zu verhindern, wecken in mir ein Gefühl der tiefen Bewunderung für mancher Staatsmänner Afrikas südlich der Sahara. Denn entgegen der verbreiteten Meinung die  miserable Wirtschaftslage der hochverschuldeten armen Ländern zu denen die meisten  Staaten Afrikas in Zuge der Rohstoffpreisschocks der achtziger Jahre rangieren, sei wegen  der schlechten Regierungsführung, Missmanagement und Korruption entstanden, zeigt die aktuelle Wirtschaftskrise die Ohnmacht der Nationalstaaten gegenüber Entwicklungen auf dem Weltmarkt seien sie hoch- oder minderentwickelt.

Dennoch bleibt die Frage der Reaktionsfähigkeit der verschiedenen Staaten bei der Abwehr von den Folgen, die aus solchen Blasen entspringen unterschiedlich. Ob ein Staat in der Lage ist sich selbst zu helfen oder auf die Dritthilfe angewiesen ist.

Dieses System der Selbsthilfe müssen die afrikanische Staaten spätestens nach der aktuellen Finanzkrise aufbauen.

Denn aufgrund der Unvorhersehbarkeit solcher Blasen ist lediglich die Frage der Reaktionsfähigkeit der betroffenen Staaten ausschlaggebend.

Schreibe einen Kommentar